Ich hoffe, wir kriegen Marie-Jane und Carlys Gespräch zu sehen, würd mich freuen.
War eigentlich aus Erzählfluss- und Redundanzgründen nicht geplant, aber es ist auch nicht verboten hier an dieser Stelle einen kleinen Bonus einzuschieben.
Im Folgenden nun ein kleines Minikapitel. Es ist für das Verständnis der eigentlichen Geschichte nicht notwendig und stellt lediglich eine optionale Ergänzung da.
Eins der von mir mit solch Unwillen geduldeten "Tischgespräche"
"In Ordnung. Ich bin so schnell wie nur irgend möglich direkt von meinem Auftritt hierher getobt. Jetzt erzähl!" Das war Marie-Jane nicht entgangen. Carly's letzter Anruf kam direkt aus ihrem Auto per Freisprechanlage. Nur um sicher zu gehen, dass ihre Berichterstatterin auch ja zuhause ist und die Getränke kalt gestellt hat.
Marie-Jane ist sich allerdings wiederum sicher, dass die Hälfte des Kühlschranks eher nichts für Carly ist. "O-Saft oder Cola?" Wobei die Hauptzutat wahrscheinlich Eis ist. Es ist heute Abend noch einmal erstaunlich warm. Dabei drängt der Herbst in so mancher Straße bereits mit aller Macht das Chlorophyll aus den Blättern. Carly hatte jedenfalls die Fenster runtergekurbelt gehabt und den Fahrtwind genossen. Die Getränkeentscheidung fällt ihr nicht schwer. "Orange." Ganz klar.
"Also wie war das jetzt? Faba reist ab? Warum? Wohin?" Carly kann es wirklich kaum erwarten. Marie-Jane würde nun gerne etwas anderes berichten und seufzt dementsprechend: "Tja ... ich hatte zwar auf eine endgültigere Lösung gehofft, aber ich muss das wohl so akzeptieren. Vorerst. Setz dich doch erst einmal."
Marie-Jane holt tief Luft. "Du weißt ja, wir wollten in den Urlaub fahren. Zusammen mit Balti." Carly schmunzelt hörbar. "Als ob das ein Urlaub werden würde. Ich mag meinen Onkel ja, aber entspannen funktioniert zusammen mit ihm einfach nicht." Dem kann die Blondine eigentlich nur zustimmen. Aber der Hintergedanke bei dem Urlaub war nun einmal alle aus der Schussbahn zu schaffen. Auch ihren Schwager.
"Nur Straud und Jack gegen eine einzelne Faba.", gestikuliert die Gastgeberin heftig, "Das hätte funktionieren können, weißt du? Verdammt, das HÄTTE funktioniert. Ich habe es doch aus der Entfernung gesehen. Straud hatte diese verdammte Hexe eigentlich schon. Aber Balu musste ja unbedingt dazwischenspringen. Ich könnte ihm ... " Marie-Jane erstarrt regelrecht und seufzt tief. Nur nicht wieder aufregen. Sie mag ihr Bärchen ja unter anderem auch genau wegen seiner grenzenlosen Loyalität. Wenn er sich nur etwas kritischer wäre und sie nicht der erstbesten Hexe hinterherwerfen würde. Carly wird jedenfalls hellhörig. "Moment ... Straud hatte Faba bereits?".
"Er ist ihr regelrecht an die Kehle gesprungen mit magisch blitzenden Händen. Ja, er hatte sie, da bin ich mir sicher. Balu hat ihn weggetackelt und erst DANACH hat die Hexe so etwas wie einen Schild aufgebaut. Balu ist schuld. Oder ich. Weil ich es nicht geschafft habe diesen phlegmatischen Felsen rechtzeitig auf einen Berg zu schieben." Carly stutzt. "Und was war mit Jack?" Eine berechtigte Frage. "Den hat Balthasar beschäftigt. Also verbal oder so. Die haben miteinander nur heftig gestikuliert. Ich bin jedenfalls direkt neben Faba gelandet und habe Balu angepflaumt. Ich meine ... wie kann man so DUMM sein? Alles hätte jetzt vorbei sein können. Aber nein ... ich könnte ihn erwürgen."
"Und gleichzeitig bin ich unglaublich froh, dass ihm nichts passiert ist und ich will mich andauernd versichern, dass er noch gesund und da ist. Ergibt das irgendwie Sinn?" Ja, dieses vertrackte Ding namens Liebe. Carly weiß ganz genau, wovon Marie-Jane da spricht. Ihren heimatlichen Bettvorleger möchte sie auch regelmäßig in seinen pelzigen Hintern treten und gleichzeitig sicherstellen, dass es ihm gut geht. "Ich verstehe dich. Und was hat Straud dann gemacht? Der war wohl nicht so begeistert von Balus Eingreifen."
"Absolut nicht. Balu hatte ihn im Armhebel und Straud hat altertümlich angestaubte Beleidigungen vom Stapel gelassen. Und dann sind Chris und Alex aufgetaucht. Dabei habe ich ihnen gesagt, dass sie hier bleiben sollen." Marie-Jane knirscht unbewusst immer noch mit den Zähnen. Absolut
nichts ist so gelaufen, wie sie es wollte. "Is nich wahr. Haben die zwei sich etwa gegen Faba geworfen?". Die Blondine knirscht noch lauter.
"Ähm ... habe ich etwas Falsches gesagt?", stottert Carly schon fast. Marie-Jane atmet einmal tief durch. "Schon gut. Also zuerst hat Balu Straud losgelassen. Immerhin kamen da seine Töchter angeflattert. Ihr Schutz war ihm dann doch wichtiger. Das Problem war, dass Christin aus der Reihe getanzt ist. Sie hat sich wirklich auf Fabas Seite gestellt. Einfach so."
"Is nich war!"
"Gehirnwäsche. Mein Bärchen. Meine Tochter. Gib mir ein Scharfschützengewehr und ich erledige das Problem. Mal schauen, ob die Hexe kugelsicher ist." Marie-Janes Augen leuchten regelrecht auf. Carly beeilt sich sie zu beschwichtigen. "Wow. Ganz ruhig, Killer. Also standet ihr dann wirklich vier gegen vier?"
"Na ja. Fast. Warum auch immer, aber Faba hat meinen Töchtern befohlen nach Hause zu fliegen und beide haben den Befehl sofort befolgt. Du weißt, was das heißt. Sie hat sie. Sie hat mein Bärchen
und meine Töchter. Ich reiße ihr das Herz raus und zwinge sie es zu essen."
Carly schluckt. "Okay ... ganz ruhig durchatmen. Du redest von diesem Seelenvertrag, nicht wahr?" Marie-Jane schließt betont langsam die Augen und opfert noch etwas Zahnschmelz. "Ja. Balti konnte mir darüber ja zumindest ein wenig was erzählen. Wie auch immer. Faba hat die kurze Pause genutzt und den Schwanz eingekniffen. Sie hat gesagt, sie reist ab. Einfach so. Straud ist tatsächlich darauf eingegangen. Ich hätte mehr von ihm erwartet."
"Jar. Du darfst nicht vergessen, dass sein Überraschungsvorteil vorbei wahr. Er war sich seines Sieges wahrscheinlich nicht mehr so sicher. Faba meinte also tatsächlich wortwörtlich 'Ich reise ab'?"
"Prinzipiell ja. Straud hat auch nicht lange überlegt und eingewilligt. Dieser elendige Feigling." Carly zuckt kurz mit den Schulter und überlegt: "Wenn ich das richtig sehe, war Balthasar mit Jack beschäftigt. Straud hätte sich wieder um Faba gekümmert. Hättest du denn wirklich so gerne gegen deinen eigenen Ehemann gekämpft, den Faba sicherlich etwas in dieser Art befohlen hätte?" Marie-Jane schaut entgeistert und beeilt sich zu versichern: "Was? Aber ... natürlich nicht! Und das hätte er niemals gemacht." Doch Carly räumt ein: "Wenn ich das richtig verstanden habe, hätte er keine Wahl gehabt."
"Aber ... ich ... also ... " Marie-Jane ringt sichtbar nach Worten. Carly seufzt und meint leise: "Es hätte auch noch viel schlimmer kommen können. Sehr viel schlimmer. Da mag man gar nicht so genau drüber nachdenken."
"Ich hätte ihn rechtzeitig wegschaffen müssen. Ich hätte uns alle rechtzeitig wegschaffen müssen. Notfalls mit Gewalt."
"Was wohl auch nicht ohne Konsequenzen geblieben wäre. Und Gewalt gegen Onkel Balthasar? Na danke."
Marie-Jane wiegelt ab. "Nein. Der wäre so oder so mitgekommen. Balu war das Problem. Der wollte einfach nicht. Diese blöde Preisverleihung."
"Das war wirklich verdammt schlechtes Timing."
"Wenn ich mir überlege, dass ich zu jedem anderen Zeitpunkt meine Seele dafür verkauft hätte ... also sprichwörtlich gesehen. Du weißt schon." Carly zuckt unbewusst etwas zusammen. "Ist gerade nicht die beste Formulierung, aber ich weiß, was du meinst."
Marie-Jane verdreht die Augen. "Njiar ... jedenfalls will die Hexe jetzt wirklich abhauen. Zu sich nach Hause in ihre Welt. Ich hoffe, das Portal fällt hinter ihr unwiederbringlich zusammen." Carly schüttelt den Kopf. "Darauf würde ich nicht vertrauen. Für wie lange ist sie weg und vor allem warum?" Die Gastgeberin überlegt kurz und muss gestehen: "Offengestanden, keine Ahnung. Irgendwie war alles andere wichtiger als dieses Detail. Muss ich mal Balu fragen. Der sieht die doch immer noch als seine allerbeste Freundin an. Ich könnte so abkotzen."
"Das glaube ich eigentlich nicht. Es ist eben Balu. Mein Knuddelonkel." Marie-Jane schnaubt laut durch die Nase und entgegnet energisch: "Hast
du eine Ahnung. Balu hat eine regelrechte Trauermine aufgesetzt! Der würde sogar noch freiwillig mitreisen, nur um ihr das Gepäck tragen zu dürfen!"
Carly lacht leicht nervös. "Ok. Reizthema. Ich verstehe. Hat Straud noch irgendetwas gesagt?"
"Der alte Feigling hat nur noch ein wenig rumgekläfft und dann Jack vermöbelt."
"Moment, WAS?"
"Jack war der Einzige, der noch Eier hatte und sich todesmutig auf Faba stürzte. Aber Straud musste ihn ja zurückziehen. Und nein, ich war zu diesem Zeitpunkt etwas überfordert. Nicht meine Glanzstunde. Ich hätte zusammen mit Jack angreifen sollen. Dann hätten wir es zumindest versucht, weißt du?" Carly schluckt hörbar. So hat sie die eigentlich immer fröhliche Kinderbuchautorin auch noch nicht erlebt. Der Schmerz sitzt eindeutig sehr tief. Was kann man auf so etwas erwidern? Sie versteht ja die Gefühle ihrer Tante, aber verdammt, sie muss irgendwie versuchen diesen Vampir jetzt zu beruhigen. Alleine schon für ihre persönliche Sicherheit.
Carly entgegnet betont heiter: "Versuchen wir es doch erst einmal von der positiven Seite zu sehen. Auf der Haben-Liste steht: Wir sind alle gesund. Keiner kam zu Schaden und Faba ist demnächst nicht mehr hier. Das klingt doch eigentlich ganz gut, oder?" Als Antwort bekommt sie jedoch nur ein leises Knurren: "Und auf der Soll-Liste die Vernichtung einer bösartigen Hexe."
Wie gut, dass Carly knurrende Erwiderungen mit blitzenden Augen gewohnt ist. Immerhin, sie hat noch den gesamten Abend, um wieder ein Lächeln auf Marie-Janes Gesicht zu zaubern. Sie ist sich sicher, den wird sie auch brauchen.
Edit:
Rechtschreibkorrektur. Statt dem Werbeschild mal den Energieschild aufgebaut.